Prag – Stadt der hundert Türme
Kennen Sie Trdelník? Ich war völlig ahnungslos, aber auf den ersten Blick entzückt! Das traditionelle Gebäck hat die Herzen der Touristen erobert. Gemäss meiner Internetrecherche ist es ein Wintergericht, aber ich kann bezeugen; es schmeckt auch bei 30 Grad Celsius wunderbar. Die Trdelník leitet sich vom Wort «trdlo» ab, was «Holzstab» heisst.
Das Süssgebäck wird auf einen Holzstab gewickelt und auf offenem Feuer gebacken. Innen ist das Gebäck hohl und das Hörnchen können Sie mit Eis füllen, Vanillecrème oder wer es lieber salzig mag mit Ei und Speck. Wenn es ums Essen geht, könnte ich noch weiter ausschweifen…
Wo auch immer unsere Füsse uns hinbrachten – wir trafen immer wieder auf altehrwürdige Gebäude und Plätze mit Kopfsteinpflaster. Prag ist so voll mit Geschichte, man wünscht sich, die Gemäuer könnten sprechen.
Trotz vieler Touristen hat uns die historische Stadt imponiert, und wir entdeckten noch längst nicht alles. Ganz witzig fanden wir die John-Lennon-Mauer. Was früher eine gewöhnliche Altstadt-Wand war, wurde in den 1980-er Jahren mit John Lennon Graffiti und Beatles-Texten besprayt.
Erste Etappe, Prag – Mělník, ca. 55 km
Genug geschlemmt und besichtigt; nach zwei Tagen schwingen wir uns in die Fahrradsättel. Wir, zwei totale Anfänger was Velotouren angeht, finden unseren Weg aus der Stadt und folgen unserer neuen Freundin, der Moldau. Die Etappe ist flach und die Radwege sind neu und gut.
Wir reisen leicht, denn unser Gepäck wird von Unterkunft zu Unterkunft transportiert. In unseren Seitentaschen haben wir nur unser Tagesgepäck. Dazwischen hat es an der Moldau kleine Cafés, für eine Pause.
Auf dem Weg nach Melnik passieren wir den Zusammenfluss von Moldau und Elbe. Byebye Moldau, ab Morgen fahren wir der Elbe entlang bis zum Zielort Dresden. Um Melnik zu erreichen, mobilisieren wir die letzten Kräfte. Die Stadt liegt erhöht und schmückt sich mit Reben – ein herrlicher Anblick. Am Fuss des Hügels wünsche ich mir, ich hätte ein E-Bike. Umso besser ist dann das wohlverdiente Abendessen im romantischen Hinterhof Restaurant «Na Hradbach» - lecker!
Zweite Etappe, Mělník – Leitmeritz, ca. 50 km
Wir fahren weiter an schönen Burghäuser und Wälder vorbei. Mal auf Kiesweg, mal auf Teer. Die Gärten sind voller saftiger Tomate, die teilweise direkt gekauft werden können.
In Roudnice stoppen wir für ein Mittagessen. Es ist äusserst interessant, eine tschechische Speisekarte zu erraten. Mittels «mit dem Finger auf die Teller von anderen Gästen zeigen» kommen wir schlussendlich doch nicht zu kurz. Das «Reis Cazimir» schmeckt hervorragend!
Dritte Etappe, Leitmeritz – Decin, ca. 50 km
Der «Allerwerteste» schmerzt etwas, aber das haben wir einkalkuliert! Wir kommen der Grenze Deutschland immer näher und fahren heute an der Burg Schreckenstein vorbei. Was für ein vielversprechender Name!
Wir entscheiden wir uns weiterzufahren, da der Anstieg sehr ambitiös scheint. Am Fluss beobachten wir mutige Wakeboarder. Beim lokalen Bier sinnieren wir über die Tschechen und überlegen, wie es wohl zum lokalen Biernamen «Kozel» gekommen ist.
Vierte Etappe, Decin – Pirna, ca. 60 km (inkl. Umweg)
Meine Lieblingsetappe und mein Geburtstag! Wir verlassen Tschechien. Der Fährmann begrüsst uns freundlich und das Wetter meint es wieder richtig gut mit uns. Unser heutiges Ziel heisst Elbsandsteingebirge – auch als sächsische Schweiz bekannt. Unsere Räder lassen wir stehen und kraxeln unzählige Leitern hinauf zum Aussichtspunkt.
Unsere Köpfe sind rot von der Anstrengung, aber die Aussicht macht es wieder wett. Nach diesem «Ausflug» weg von der Route gelangen wir wieder zurück und fahren entlang gepflegter Gärten und niedlicher Häuser. Pirna besitzt, wie die anderen Übernachtungsorte auch, eine liebliche Altstadt. Unsere Unterkunft ist mittendrin.
Fünfte Etappe, Pirna – Dresden, ca. 25 km
Die letzte Radetappe ist ein Kinderspiel! Wir sind nun ein eingespieltes Veloteam und strampeln die letzten Kilometer in die Grossstadt Dresden. Wir radeln durch einen Nationalpark und teilen uns den Weg mit vielen anderen Sportsuchenden.
Dazwischen beobachten wir einheimische Ruder-Jugendclubs. Ein idyllisches Leben an der Elbe. Yes! Geschafft! Wir haben stolze 250 km zurückgelegt und stossen in einem Biergarten darauf an. Wie sollte es anders sein?
Dresden
Hier erholen wir uns von den letzten Tagen und geniessen (oh Schreck) vietnamesische Küche. Aufgrund der DDR und der damaligen kommunistischen Beziehung zu Vietnam wanderten viele Vietnamesen in die DDR aus.
So staunten wir nicht schlecht, als an einer Strasse rund vier vietnamesische Restaurants zur Auswahl standen. Was können wir sonst noch zu Dresden berichten? Eine geschichtsträchtige Stadt mit nettem Volk!
Fazit
Die Tour ist einfach zu bewältigen, da die Strecke mehrheitlich über flache und gut ausgebaute Radwege führt. Sie ist sehr gut beschildert und da es stehts am Fluss entlang geht, fällt die Orientierung leicht. Die Unterkünfte waren mehrheitlich gut bis sehr gut.
Die Tschechen haben wir als ein eher reserviertes Volk erlebt, was aber auch an der Sprachbarriere liegen könnte. Die Kulinarik, den Landwechsel sowie die Vielfalt der Unterkünfte empfanden wir als abwechslungsreich. Landschaftlich gefielen uns die letzten beiden Etappen. Prag am Anfang war aber definitiv eines der Höhepunkte der Reise.