Liebe auf den ersten Tritt: Der Donau Radweg.

Wer bisher glaubte, Radreisen seien nur etwas für Sportler mit enormer Ausdauer, der sollte sich vom Gegenteil überzeugen lassen. AKTIV. Das Reisemagazin hat eine Leserin zum ersten Mal aufs Rad gesetzt und damit eine ungeahnte Leidenschaft entfacht.

Dieser Morgen in Wien ist etwas ganz Besonderes – und der Beginn einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Zwischen den barocken Gebäuden der Donaustadt, eingekuschelt in mein Hotelbett, satt vom Frühstück und den Eindrücken der vergangenen Woche, kann ich gar nicht anders, als glücklich zu sein. Nicht nur, weil Urlaub bekanntlich die schönste Zeit im Jahr ist sondern auch, weil ich ihn endlich genau nach meinem Geschmack verbringe. Aktiv, bewegt und mit zahlreichen Erlebnissen. Es war die richtige Entscheidung von Passau nach Wien am Donau-Radweg zu radeln. Zum ersten Mal täglich in Bewegung, zum ersten Mal eine Reise, auf die ich stolz zurückblicken werde. Es wird bestimmt nicht die letzte Radreise sein.

Kondition eines Spitzensportlers? Von Wegen!

Sieben Tage zuvor, 300 Kilometer weiter westlich. Ich habe mich entschieden, in der Drei-Flüsse-Stadt Passau zu starten. Alternativ hätte ich auch in der Barockstadt Schärding losfahren können.

In Passau sitzt das neue Trikot zwar noch nicht wie angegossen, aber das Rad passt genau zu meinen Bedürfnissen. Passau mit seinen hübschen Gassen verlasse ich für die achttägige Reise auf dem Donau-Radweg mit Zielort Wien. Natürlich könnte man die rund 300 Kilometer auch schneller bewältigen, in sieben Tagen oder in fünf Tagen sogar. Da die Strecke entlang der blauen Donau jedoch so manches beeindruckende Fleckchen Erde bereithält, entscheide ich mich für die gemütlichere Variante der organisierten Radreise.

Stetig bergab, so macht Radfahren Spaß!

Bereits nach den ersten Stunden wird klar: Hier geht es nicht darum, einen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen. Es wäre viel zu schade, die wunderschöne Landschaft einfach so unbemerkt vorbeiziehen zu lassen. Daher trete ich gemütlich in die Pedale, atme die frische Luft tief ein und wundere mich darüber, dass mir das Radeln so leicht fällt. Erst später erfahre ich, dass der Donauradweg Richtung Osten stetig ganz leicht abfällt, sodass er sich besonders gut für Neulinge wie mich eignet. Trotz des gemächlichen Tempos bleibt an jedem Tag noch ausreichend Kraft und Zeit, die Sehenswürdigkeiten der einzelnen Etappen zu besichtigen oder einfach nur die Füße hochzulegen.

Romantische Natur & Städte-Perlen

Während ich meinem Ziel Wien täglich etwa 50 bis 60 Kilometer näherkomme, verstehe ich auch, was andere Menschen an Radreisen so fasziniert. Es ist die Freiheit, so schnell oder langsam zu fahren, wie man möchte. Oder auch einmal eine Abzweigung zu nehmen, die hinein in die Wiesen und Wälder entlang des Wassers führt. Nachdem die Strecke meistens flach und gut ausgebaut ist, macht es richtig Spaß, den Drahtesel einmal durch etwas wilderes Gelände zu lenken. Sattes Grün und viel Wald begleiten mich beinahe während der gesamten Strecke von Passau nach Wien. Oberösterreich, Niederösterreich und Wien – jede der passierten Regionen hat ihren ganz eigenen Reiz.

Dort, wo die Donau aufgrund des unüberwindbaren Granitsteins einen Richtungswechsel um 180 Grad macht, lege auch ich eine Pause mit Übernachtung ein, um die Natur auf mich wirken zu lassen. Die Schlögener Schlinge ist in Wirklichkeit noch beeindruckender als auf den Bildern im Internet. Durchatmen, die Zehenspitzen ins kühle Nass tauchen und sich auf die weiteren Etappen freuen – wer hätte gedacht, dass der erste Radurlaub eine so meditative Wirkung auf mich hat.

Schon fast wie gemalt zeigen sich dann auch noch die pittoresken Städtchen entlang der Strecke. Schärding, Passau, Ybbs, Spitz, Dürnstein oder Krems – sie alle tragen auf ganzer Linie zum Wohlbefinden bei, das mittlerweile Körper und Seele erfasst hat. Jeden Tag lerne ich eine neue Perle an der Donau kennen. Die idyllischen Orte sind genau richtig, um dem Trubel der großen Städte zu entfliehen, aber dennoch in den Genuss von Kulinarik und Kultur zu kommen. Meine persönlichen Kultur-Highlights sind das beeindruckende Stift Melk mit dem prächtigen Ausblick über das Donautal und das Schifffahrtsmuseum in Grein mit dem ältesten noch bespielten Stadttheater Greinburg.

Sich einmal quer durch Österreich kosten

Zugegeben, so viel Bewegung wie in dieser einen Urlaubswoche mache ich selten am Stück. So ist es auch kein Wunder, dass ich mich allabendlich durch die Köstlichkeiten der Region koste. Denn Bewegung an der frischen Luft macht richtig Appetit. Zum Glück konnten die kleinen Orte ihre kulinarischen Traditionen bewahren und geben sie gerne an Reisende weiter. Innviertler Speckknödel führen dabei die Hitliste der Lieblingsgerichte an, knapp gefolgt von zartem Wiener Tafelspitz und Marillenknödeln aus der Wachau. Letztere sollte man unbedingt im traumhaften Ambiente der niederösterreichischen Weinberge genießen. Steinmauern schmiegen sich dort an sanfte Hügel und machen Lust auf das, was darauf wächst: knackige Trauben für erstklassigen Wein und rotbackige Marillen. Die Dichte der ausgezeichneten Weine ist in kaum einer anderen Region höher als in der Wachau. Darum lasse ich es mir auch nicht nehmen, den einen oder anderen edlen Tropfen direkt beim Erzeuger zu verkosten. Denn wenn ich eine Region kennenlerne, dann so richtig und mit allen Sinnen!

Die Urlaubstage vergehen viel zu schnell. Wien nimmt mich am Ende des Radwegs mit seinem einzigartigen Charme in Empfang und feiert mit mir den Erfolg der ersten absolvieren Reise auf zwei Rädern. Ich hab nicht nur 350 Kilometer auf dem Drahtesel zurückgelegt sondern auch wertvolle Glücksmomente gesammelt, die bleiben. In diesem Hotelbett in Wien, unmittelbar nach Beendigung meiner Reise, studierte ich schon die Karten für ein neues Rad-Abenteuer. Ich habe gelesen, dass es auch auf Spaniens Insel Mallorca hervorragende Wege und Touren für Pedalritter geben soll.

 

 

Der Donau-Radweg kurz & bündig

  • Länge: ca. 350 Kilometer
  • Startpunkt in Österreich: Schärding
  • Zielpunkt: Wien
  • Streckenprofil: einfach
  • Highlights: reizvolle Landschaften, historische Städte, kulinarische Genüsse
  • Beste Zeit: April bis Oktober